Klinische Sportmedizin
ISSN 1617-4658
  Clinical Sports Medicine - Germany
 
Ausgabe Dezember 2000
 

Intensivierte Ambulante Kardiologische Langzeitrehabilitation - erste Ergebnisse einer Kosten-Nutzen-Analyse des Hannover-Modells

Tegtbur U1, Machold H, Brinkmeier U2, Busse M3

Sportmedizinisches Zentrum, Medizinische Hochschule Hannover1 (Leiter: Dr. med.U. Tegtbur)
Abteilung Medizinische Psychologie, Medizinische Hochschule Hannover2 (Direktor: Prof. Dr. U. Tewes)
Institut für Sportmedizin/Sportmedizinische Ambulanz und Rehabilitationszentrum der Universität Leipzig3 (Direktor: Prof. Dr. med. M. W. Busse)

Zusammenfassung

Tegtbur U, Machold H, Brinkmeier U, Busse M Intensivierte Ambulante Kardiologische Langzeitrehabilitation - erste Ergebnisse einer Kosten-Nutzen-Analyse des Hannover-Modells. Klinische Sportmedizin/Clinical Sports Medicine (KCS) 2000, 1: 6-14.

Fragestellung: Die stationäre Rehabilitation nach Herzinfarkt mit oder ohne operativen Eingriff zeigt unzufriedenstellende Erfolge insbesondere hinsichtlich der Langzeitergebnisse. Aus den USA bekannte Reha-Verfahren sind hier weniger kostenintensiv und zugleich effektiver. Die vorliegende prospektive Studie ist gegenüber der stationären Rehabilitation im wesentlichen durch 3 Punkte charakterisiert:
·Individualisierte Belastungsverfahren auf der Basis umfangreicher Vordiagnostik in einem ganzheitlich orientierten Komplex von Belastungsgeräten
· Intensivierte verhaltensmedizinische Therapie i.S. einer indikationsspezifischen ganzheitlich-psychologischen Behand­lung
Material und Methode: Bislang wurden 81 Patienten 55 ± 11 Jahre) mit Z.n. Myokardinfarkt, ACVB und KHK evaluiert. Die Maßnahme besteht aus zwei Phasen:
· 6-wöchige Intensivmaßnahme mit 360 min Belastung pro Woche (Fahrrad, Ruderergometer, Laufband)
· Belastungsintensität im leistungsdiagnostisch individuellen Belastungsoptimum, Belastungsdauer pro Übung (Fahrrad, Laufband, Ruderergometer, Handkurbelergometer) ca. 30 min; grundsätzlich ärztliche Überwachung über EKG-Telemetrie sowie weitere Parameter (Blutdruck, SO2, ggf. SBS und Elektrolyte)
· Verhaltensmedizinisches Programm 2.5 h pro Woche
· 11 monatige Langzeitphase mit 150 min Belastung pro Woche und fortgesetzter verhaltensmedizinischer Intervention
Ergebnisse: Gegenüber der stationären Rehabilitation ergibt sich bei nachhaltig reduzierten Therapie- und AU - Kosten objektiv ein erheblich höheres Qualitätsniveau:
1. Ärztliche Präsenz während aller Belastungsmaßnahmen, ständige ärztliche Adaptation des therapeutischen Belastungs­niveaus
2. Trotz erheblich höheren personellen und materiellen Aufwands als in der stationären Rehabilitation entscheidend geringere Therapiekosten (ca. 160.- -180.- DM/Tag, Gesamteinsparung bei 3-wöchiger Dauer ca. 2500.- DM, bei verlängerter 6-wöchiger Intensivphase Kostenneutralität)
3. Erhebliche Kosteneinsparungen bei Berufstätigen gegenüber der stationären Rehabilitation durch deutlich frühere berufliche Reintegration (ca. 5.000.- DM pro Person)
4. Fortsetzung der gesundheitsfördernden Maßnahmen lang über den Reha - Zeitraum hinaus
Fazit: Eine tiefgreifende konzeptionelle Änderung der Herz-Kreislaufrehabilitation i.S. eines stärker individualisierten, intensiver überwachten und indikationsspezifisch betont ganzheitlichen Behandlungskonzepts verbunden mit ambulantem, wohnortnahem Vorgehen führt zu volkswirtschaftlich interessanter, erheblicher Verbesserung der Ergebnisqualität. Das Modell ist auch auf andere Rehabilitationsbereiche übertragbar. Angesichts der aktuellen Renten- und Krankenversicherungsdiskussion ist eine Modifizierung aktueller stationärer, aber auch neuerer wohnortnaher „teilstationären“ Rehaverfahren im Herz-Kreislaufbereich durch die zuständigen Kostenträger dringend erforderlich.

Schlüsselwörter: Herz-Kreislaufrehabilitation, stationär, ambulant, Qualität, Kosten